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Grimm, H.:

Wasser und Energie: Wasserkraft, Erwärmung von Wasser, Wärmekapazität, Temperaturabhängigkeit

http://www.wissenschaft-technik-ethik.de/wasser_energie.shtml
zuletzt aktualisiert am 22.11.2016

Seiteninhalt:


1 Energiegewinnung aus Wasser(kraft)

Mit Hilfe von Turbinen, Wasserrädern, Wassersäulenmaschinen u. Dgl. kann aus Wasser Energie gewonnen werden. In früheren Jahrhunderten wurde direkt die Antriebsenergie gewonnen (z.B. für Mühlen), heute gewinnt man meist elektrische Energie mit Hilfe eines angeschlossenen Generators.

Wie viel Energie sich aus einem vorhandenen Wasserangebot höchstens gewinnen lässt, hängt von 3 Faktoren ab:
g: Erdbeschleunigung, gemessen in m/s^2
m: Wassermenge, gemessen in kg
Dif_h: Höhendifferenz zwischen Zu- und Ablauf, gemessen in m

Die Erdbeschleunigung ist überall auf der Erde annähernd gleich und beträgt ca. 9,81 m/s^2.

Die höchstens aus Wasserkraft gewinnbare Energie (E, gemessen in J oder kWh) lässt sich folgendermaßen berechnen:

E(in J) = m(in kg) * g(in m/s^2) * Dif_h(in m)

E(in kWh) = m(in kg) * g(in m/s^2) * Dif_h(in m) / 3600000(J/kWh)

E(in kWh) = m(in t) * g(in m/s^2) * Dif_h(in m) / 3600(kJ/kWh)

Mit modernen Turbinenanlagen lassen sich bis zu ca. 90% der höchstens gewinnbaren Energie tatsächlich als elektrische Energie gewinnen.

Beispiel: Von einem See, dessen Oberfläche 340 m über dem Meeresspiegel (= 340 m üNN) liegt, wird Wasser über eine Rohrleitung (1) in ein 260 m üNN liegendes Tal geleitet und dort durch eine Turbine in einen Fluss eingeleitet. Die Höhendifferenz Dif_h beträgt also 340 m - 260 m = 80 m.
Die Wassermenge, die täglich zur Stromerzeugung aus dem oberen See abgelassen werden kann, hängt davon ab, wieviel Wasser durchschnittlich über Bäche und Flüsse täglich neu hinein gelangt. Für unser Beispiel nehmen wir an, es seien pro Tag 35000 m^3. Da 1 m³ Wasser ungefähr 1 t Masse hat, rechnen wir im Folgenden mit 35000 t/Tag.
Die täglich höchstens (bei einem Wirkungsgrad von 100%) gewinnbare elektrische (Nutz-)Energie E_el,max beträgt dann:

E_el,max = 35000 t/Tag * 1 Tag * 9,81 m/s^2 * 80 m / 3600 kJ/kWh = 7630 kWh.

Bei einem Gesamt-Wirkungsgrad der Turbinenanlage (Turbine(n) + Generator(en)) von z.B. 85% wird aber nur ein Energiebetrag E_el,tat von

E_el,tat = 7630 kWh * 85% / 100% = ca. 6490 kWh

tatsächlich in Form von elektrischer Energie gewonnen.

Die durch die Turbinenanlage erzeugte elektrische Leistung P_el,tat ist die betreffende Energiemenge, bezogen auf die Zeitspanne, in der diese Energiemenge erzeugt wird.

Da im Beispiel an einem Tag 6490 kWh elektrische Energie erzeugt werden, kann die elektrische Leistung P_el,tat wie folgt berechnet werden:

P_el,tat = 6490 kWh/Tag = 6490 kWh/24h = ca. 270 kWh/h = 270 kW

In der Praxis ist der Zulauf in einen See je nach Jahreszeit und Wetterlage sehr unterschiedlich. Demzufolge wird es kaum möglich sein, die Turbine über längere Zeiträume mit einem konstanten Wasserstrom von 35000 m^3/Tag zu versorgen. In Trockennzeiten wird man daher die Turbine zeitweise mit verminderter Leistung betreiben oder gar stillstehen lassen, in Regenzeiten müssen dagegen pro Tag größere Wassermengen genutzt werden, um ein Überlaufen des Sees zu verhindern. Die maximale Leistung der Turbine muss dementsprechend größer sein als 270 kW. Über das Jahr gemittelt, beträgt die mittlere elektrische Leistung der Turbine 270 kW.

(1): Es muss deshalb eine Rohrleitung sein, weil diese geschlossen ist und somit die Ausbildung einer Wassersäule ermöglicht. Dadurch ist die volle Höhendifferenz für die Entstehung des hydrostatischen Druckes vor der Turbine nutzbar. In offenen Rinnen dagegen würde ein Großteil der gespeicherten Energie verloren gehen, bevor das Wasser die Turbine erreicht.



2 Energiebedarf für die Erwärmung von Wasser

Was passiert, wenn Wasser (Wärme-)Energie zugeführt wird? Beginnen wir mit sehr kaltem Wasser, z.B. mit einer Temperatur von -100 °C. Dieses ist natürlich nicht mehr flüssig, sondern liegt als festes Eis vor.

Durch die Wärmezufuhr steigt zunächst die Temperatur des Eises. Wieviel Wärmeenergie pro kg und pro °C Temperaturerhöhung benötigt wird, ist eine Konstante, die vom jeweiligen Stoff, seinem Aggregatzustand und in geringerem Maße auch von seiner Temperatur und dem Druck abhängig ist, die sogenannte Wärmekapazität oder spezifische Wärme. Üblicherweise wird hierfür als Symbol cp verwendet (c für capacity und p für pressure=constant), wenn der Vorgang bei konstantem Druck abläuft, wie es im Alltag normalerweise der Fall ist. (Die cp-Werte für Eis, Wasser und Wasserdampf sind in der u.a. Tabelle für unterschiedliche Temperaturen aufgelistet. Beim Eis ist cp stark temperaturabhängig, so dass für den betr. Temperaturbereich u.U. ein Mittelwert berechnet oder abgeschätzt werden muss, bei Wasser und Wasserdampf kann die Temperaturabhängigkeit von cp normalerweise vernachlässigt werden.) Um 1 kg Eis von -100 °C auf 0 °C zu erwärmen, werden etwa 170 kJ Energie benötigt.

Wird nun weiterhin Energie zuführt, erwärmt sich das Eis zunächst überhaupt nicht weiter (2), sondern es schmilzt. Je mehr Energie zugeführt wird, umso mehr Wasser und umso weniger Eis erhalten wir. Die Wärmemenge, die zugeführt werden muss, um 1 kg Eis von 0 °C vollständig zu Wasser von 0 °C zu schmelzen, nennt man Schmelzwärme oder Schmelzenthalpie Delta_H_Sm (Die Bezeichnung Enthalpie weist darauf hin, dass der betreffende Vorgang bei konstantem Druck stattfindet). Für Wasser beträgt Delta_H_Sm bei 0 °C 334 kJ/kg.

(Um 1 kg Eis mit 0 °C vollständig zu 1 kg Wasser mit 0 °C zu schmelzen, benötigt man also eine Energiemenge von 334 kJ. Das ist fast doppelt so viel wie für das Erwärmen von -100 °C auf 0 °C benötigt wurde.)

Bei weiterer Energiezufuhr erwärmt sich das Wasser, bis die Siedetemperatur des Wassers (bei normalem Luftdruck 100 °C) erreicht ist. Pro kg Wasser wird wegen des cp-Wertes von ca. 4,2 kJ/(kg*°C) hierfür eine Energiemenge von ca. 420 kJ benötigt. Von da an bleibt auch bei weiterer Zufuhr von Energie die Temperatur so lange konstant, bis das Wasser vollständig verdampft ist und nun ausschließlich in Form von Dampf vorliegt. Die Wärmemenge, die zugeführt werden muss, um 1 kg Wasser von 100 °C vollständig zu Wasserdampf von 100 °C zu verdampfen, nennt man die Kondensations- oder Verdampfungswärme oder Verdampfungsenthalpie Delta_H_V. Für Wasser beträgt Delta_H_V bei 100 °C 2256 kJ/kg. Delta_H_V ist temperaturabhängig, nimmt mit zunehmender Temperatur ab und erreicht bei der kritischen Temperatur den Wert Null. Die Druckabhängigkeit von Delta_H_V ist gering und kann normalerweise vernachlässigt werden.

Wenn der entstandene Dampf nicht einfach in die Luft entweicht, sondern z.B. durch eine Rohrleitung abgeführt wird, kann durch weitere Wärmezufuhr seine Temperatur praktisch beliebig weit über die Siedetemperatur (="Siedepunkt") hinaus erhöht werden.


(2): Wenn schnell geheizt wird und überdies das Eis in Form weniger kompakter Stücke vorliegt, kann das Wasser durchaus eine erheblich höhere Temperatur als 0 °C aufweisen, weil die Wärmeenergie nicht beliebig schnell aus dem Wasser ins Eis gelangen kann. Unterbricht man die Wärmezufuhr für eine Weile, dann kühlt sich das Wasser aber wieder auf 0 °C ab, wobei eine entsprechende Menge Eis schmilzt.

  • Beispiel 1:

    70 kg Eis mit einer Temperatur von -20 °C sollen zu Wasser mit 40 °C geschmolzen werden. Welche Energie(Wärme-)menge Q muss dem Eis/Wasser dazu zugeführt werden?

    1. Erwärmen des Eises E auf Schmelztemperatur (0 °C):
    Q_1 = m_E * cp_E * (0 °C - -20 °C) = 70 kg * 2,0 kJ/(kg*°C) * 20 °C = 2800 kJ

    2. Schmelzen des Eises bei Schmelztemperatur:
    Q_2 = m_E * Delta_H_Sm,W = 70 kg * 334 kJ/kg = 23380 kJ

    3. Erwärmen des Wassers von 0 °C auf 40 °C:
    Q_3 = m_W * cp_W * (40 °C - 0 °C) = 70 kg * 4,2 kJ/(kg*°C) * 40 °C = 11760 kJ

    Gesamtwärmebedarf:
    Q = Q_1 + Q_2 + Q_3 = 37940 kJ

    Umrechnung in kWh (1 kWh = 3600 kJ):
    37940 kJ = 10,54 kWh

    (m: Masse; cp: spezifische Wärmekapazität; Delta_H_Sm: Schmelzenthalpie; E: Eis; W: Wasser)


  • Beispiel 2:

    Aus 70 kg Wasser mit einer Temperatur von 40 °C soll Dampf mit 170 °C gewonnen werden. Welche Energie(Wärme-)menge Q muss dem Wasser dazu zugeführt werden?

    1. Erwärmen des Wassers auf Siedetemperatur (100 °C):
    Q_1 = m_W * cp_W * (100 °C - 40 °C) = 70kg * 4,2 kJ/(kg*°C) * 60 °C = 17640 kJ

    2. Verdampfen des Wassers bei Siedetemperatur:
    Q_2 = m_W * Delta_H_V,W = 70 kg * 2256 kJ/kg = 157920 kJ

    3. Erwärmen des Dampfes von 100 °C auf 170 °C:
    Q_3 = m_D * cp_D * (170 °C - 100 °C) = 70 kg * 2,0 kJ/(kg*°C) * 70 °C = 9800 kJ

    Gesamtwärmebedarf:
    Q = Q_1 + Q_2 + Q_3 = 185360 kJ

    Umrechnung in kWh (1 kWh = 3600 kJ):
    185360 kJ = 51,49 kWh

    (m: Masse; cp: spezifische Wärmekapazität; Delta_H_V: Verdampfungsenthalpie; W: Wasser; D: Dampf)


Der Energiebetrag, der benötigt wird, um 1 kg einer bestimmten Substanz um 1 °C zu erwärmen, wird als die Wärmekapazität (auch: Spezifische Wärme) dieser Substanz bezeichnet. Die Wärmekapazität hängt vom Aggregatzustand der Substanz (fest, flüssig oder gasförmig) und auch mehr oder weniger von ihrer Temperatur und vom Druck ab. Bei den allermeisten Stoffen, auch beim Wasser, ist die Wärmekapazität im flüssigen Zustand am größten.

Im Folgenden sind Wärmekapazitäten cp von Eis, Wasser und Dampf bei verschiedenen Temperaturen T aufgelistet (#DAL;#Wea):

  T         cp
(°C)  (kJ/(kg*°C)
=======================
-100       1,38   Eis
- 60       1,64
- 32       1,86
- 25       1,93
- 15       2,00
-  5       2,06
-  2       2,10

   0       4,22   Wasser
  10       4,19
  20       4,18
  40       4,18
  60       4,18
  70       4,19
  80       4,20
  90       4,21
 100       4,22

 110       2,01  Dampf
 120       2,00
 150       1,98
 200       1,96
 250       1,98
 300       2,00
 400       2,05
 500       2,12

Wasser gehört zu den Stoffen mit den höchsten Wärmekapazitäten. Zum Vergleich die Wärmekapazitäten cp einiger anderer Stoffe bei üblichen Umgebungstemperaturen (#MSc;#DAL):

Material,    cp
Substanz    (kJ/(kg*°C)
=======================
Alkohol      2,46
Alkoholdampf 1,43
Eisen        0,45
Aluminium    0,90
Zink         0,39
Kupfer       0,39
Schwefel     0,74
Quecksilber  0,14
Eichenholz   2,4
Nadelholz    2,4
Papier       1,2
Sand, tr.    0,8
Glas         0,8
Gummi        1,4



Quellen
  • (#DAL): D'Ans-Lax: Taschenbuch für Chemiker und Physiker, Band 1: Makroskopische chem.-physikal. Eigenschaften, Springer-Verlag, 3. Auflage, 1967
  • (#Wea): Weast, Handbook of Chemistry and Physics, 64th Edition, 1983-1984, CRC Press Inc., Boca Raton, Florida
  • (#MSc): Meyer/Schiffner, Technische Thermodynamik, VEB Fachbuchverlag, Leipzig

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